Die Drachen von Salzburg

Drachen bedrohen die Stadt  
Zwischen dem Mönchsberg und dem Untersberg dehnte sich einst das unwegsame Wildmoos. Vor 170 Jahren wurde quer drüber die schnurgerade Moosstraße gebaut, und damit begannen die Menschen in diese bis dahin fast unbesiedelte Gegend vorzudringen. Felder und Wiesen entstanden, die Kirche Leopoldskron-Moos wurde errichtet, und zu beiden Seiten der langen Straße wuchsen die Häuser. Die „Moosbauern“ versorgen teilweise noch heute die Stadt Salzburg mit „Wasen“, dem häufig in der Gegend als Brennstoff gebräuchlichen Torf. Diese ernste, aber doch landschaftlich reizvolle Moorlandschaft muß immer mehr vor der unaufhaltsam wachsenden Stadt zurückweichen, vielleicht noch etliche Jahrzehnte, und das Leopoldskroner Moos wird völlig verschwunden sein. In dieser einstmals unwirtlichen Gegend hauste in grauer Vorzeit ein schrecklicher Drache. Wehe dem Unglücklichen, der, von den brauenden Nebeln in die Irre geführt, vom Wege abkam! Alsbald brach das Ungetüm aus dem finsteren Moorgründen hervor und fraß ihn mit Haut und Haaren auf!  Endlich entschloß man sich, das Moor vom Mönchsberg aus zu überwachen, und in der Nähe vom Weingarten, einem Schlößchen am Fuße der Festung, wurde ein Blockhaus errichtet, um die Straße vom Nonntal nach Mülln zu sperren. Alte Schriften wissen auch zu berichten, daß eine Mauer von der jetzigen Richterhöhe am Mönchsberg Richtung Leopoldskron herabzog. Reste davon sind heute noch erhalten. Sie besaß am Fuß des Berges ein Tor, und ein Weg führte damals schon den Berg entlang, wohl die heutige Sinnhubstraße. Diese Mauer setzte sich angeblich in das Moor hinein fort. Am Fuße des Untersbergs zog sich beim Schloß Glanegg ebenfalls eine Straßensperre hin; sie riegelte den alten Paß Glanegg gegen Reichenhall ab, so daß das verfilzte „Wildmoos“ für Handels- und Heerzüge damals tatsächlich als unpassierbar gelten konnte. Durch all die Maßnahmen wurde dem bösen Drachen das Leben im Moor verleidet, und es dauerte nicht lange, so war er verschwunden. – Aber auch nordwärts der Stadt, dort, wo heute die Grazer Bundesstraße an den Hängen des Gaisberges bergan zieht und einen prächtigen Blick auf die Salzachstadt gewährt, soll einst ein Drache gehaust haben. Feuerschnaubend hielt er von seiner Höhle tagein, tagaus nach Opfern Ausschau. Davon soll der Name „Guggental“ stammen. (...) Wie immer es auch sei, jedenfalls ist das böse Untier längst verschwunden, und ein kleines Kirchlein grüßt freundlich ins Tal. Auch von Schallmoos, das heute längst Stadtgebiet ist, wird berichtet, daß dort einstmals ein Drache gelebt hat.  
Quelle: Brettenthaler / Laireiter, Das Salzburger Sagenbuch, 1976, Verlag der Salzburger Druckerei - Seite 11

Decodierung

Einst zogen sich die aus den Niederungen von Menschen gejagten Drachen zurück in die Bergwelt des Wunderbergs, so berichten die Überlieferungen. Dort lebten sie noch so lange, bis auch für sie, wie auch für die Wildfrauen, die Riesen und Zwerge die Zeit gekommen war. Und so kehrten sie ein in die schützende Unterwelt der Bergmutter Percht.
In regelmäßigen Abständen wachen sie jedoch auf (100-Jahres-Schlafzyklus), um nachzusehen, ob noch alles in Ordnung ist („solange die Raben noch um den Untersberg fliegen...“). Sollte einmal Unordnung herrschen auf Erden, so werden sie der Göttin berichten. Dann beginnt das große Aufräumen.
So ruht also jener mächtige Schlafende Drache namens Untersberg über die ihm zu Füssen Liegende Göttin.  
Der Untersberg steht energetisch für die Drachenkräfte der Erde. Die Liegende Göttin von Ettenberg ist unsere Mutter Erde. Die Göttin = Percht und ihr Heros = Untersberg = Drache = Abfalter.
Im Frühjahr 2015 blutete der Drache / der Berg. Aus seinem Herz strömte Blut und seine Felsen polterten ins Tal. Der Weißbach von Marktschellenberg – ein Symbol der Göttinnentrinität – färbte sich rot über ihrem Haupt (= der Hochzinken).
Im Herbst 2015 blutete die Madonna von Großgmain zu Füssen des Berges. Sie wurde aus Untersberger Marmor geformt.  Der Großgmainer Weißbach - ein weiteres Symbol der Göttinnen-trinität - fließt in unmittelbarer Nähe vorüber. Noch schützen uns die weißen Hirsche zu beiden Seiten des Schlafenden Drachens – doch wie lange noch?
(Nachtrag:
Der weiße Hirsch vom Kälberstein ist vor ein paar Jahren gestorben.)

Der Drache ist unruhig geworden. Ist vielleicht wieder ein Zyklus abgeschlossen und sie kommen, um nachzusehen, wie wir mit unserer Erde umgehen?  
Die Sagen vom Untersberg spiegeln uns selbst wieder – unser Leben, unsere Erde. Die Kunst ist doch „nur“, uns selbst zu erkennen.
Die Göttin ist geduldig – oder?