Wilde Jagd

Der Brauch der Wilden Jagd im Zeitbild:

In diesem uralten Brauch der "Wilden Jagd vom Untersberg" verbindet sich christliches Brauchtum, heidnische Überlieferung und historische Wahrheit. Vermutlich geht das wilde Treiben auf keltische Rituale zurück, die den Gott der Stürme und der kalten Winterwinde besänftigen sollten. Die Wilde Jagd war wie viele andere Bräuche lange Zeit verboten. Es drohten bittere Strafen bei Nichtbeachtung des Verbotes. Trotzdem wurde die Wilde Jagd vom Untersberg bis in unsere Zeit gut überliefert, allerdings änderte sich die Form des Brauches.  

Die Wilde Jagd können unbe-schadet nur “Neusonntags-kinder” sehen (geboren an einem Sonntag im Neumond).
Quelle: Das Salzburger Sagenbuch - Josef Brettenthaler, Matthias Laireiter - Verlag der Salzburger Druckerei, 1976, S. 84

Aus diesem alten  Volksglauben bildete sich ein eigener Vor-Raunachtsbrauch, der aber nie  bis zur Stadt Salzburg vorgedrungen ist. Er entwickelte sich im  Untersbergvorland und vor allem im Gebiet des ehemaligen Wildmooses, das heute nicht mehr existiert (ein übergebliebener Rest davon ist das  heutige Leopoldskroner Moos). 

Der Brauch der Wilden Jagd wurde  nachweislich bis ungefähr 1900 in der Untersberggegend ausgeübt. Aus den Kriegszeiten gibt es keine Berichte über die Ausübung des Brauches.  Allerdings wurde in der NS-Zeit die Herkunft des Brauches auf  germanische Wurzeln umgedeutet und in Verbindung mit dem germanischen  Sturm- und Totengott Wotan (Odin) gebracht. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Brauch neu belebt. Regierungsrat Kuno Brandauer und Werner Dürnberger ist es zu verdanken, dass der Wilde-Jagd-Zug im Jahre 1949 in Anif erstmals wieder von der Heimatgruppe "Jung Alpenland", die damals unter der Leitung von Edwin Vogel und Michael Nußdorfer war, durchgeführt wurde. Werner Dürnberger entwarf die Masken der zwölf Gestalten. Kuno Brandauer vermengte einige Elemente der Anklöpfelbräuche mit den Untersberg-Sagen und mit der früheren, vor den Weltkriegen durchgeführten Untersberger Wilden Jagd. 

Seit diesem Zeitpunkt wird dieser Brauch jedes Jahr von der Heimat- und Brauchtumsgruppe "Jung Alpenland" durchgeführt. An einem möglichst geheim gehaltenen Ort in der Untersberggegend taucht das "Wilde Gjoad" jährlich am Donnerstag zwischen dem zweiten und dritten Adventsonntag, also dem zweiten Donnerstag im Advent, nach Einbruch der Dämmerung auf und führt den Umgang und Tanz durch. 

Ganz plötzlich taucht das "Wilde Gjoad" an einem entlegenen Ort auf und verschwindet wieder in der Dunkelheit der Dezembernächte. Oft wissen die Hofbesitzer und Hausbewohner dieses Ortes nichts davon. In der heutigen Zeit muss das "Wilde Gjoad" allerdings bei der Polizei gemeldet werden und einige Perchtenlauf-Regeln müssen berücksichtigt werden. Trotzdem ist der Ort bis auf wenige Male immer sehr geheim geblieben. 

Der Autor mit den im Untersbergmuseum Fürstenbrunn ausgestellten Figuren

Die Wilde Jagd vom Untersberg in der Zeit vor 1900:

Alte Salzburger Sagenbücher berichten ab und zu über Geschichten vom Wilden Jäger und der Wilden Jagd vom Untersberg. Die damalige Vorstellung der Wilden Jagd brauste über die nächtlichen, winterlichen Wiesen und Wälder, vor allem durch das Sumpfgebiet in der Gegend zwischen Wals, Leopoldskron und Grödig. Es soll aus den gefallenen Kriegern, die immer wieder aufgeweckt worden sind, um weiterzukämpfen, bestanden haben. Auch spielen die ungetauft verstorbenen Kinder eine Rolle in der damaligen "Wilden Gjoad"-Vorstellung. 

In einer Definition der Wilden Jagd vom Untersberg von Nikolaus Huber († 1887) heisst es: "Gleich einem Sturmwind braust der Geisterzug heran, verworrenes Geheul schallt durch die Lüfte, man hört Pferde wiehern, Hunde bellen, Peitschenknall und Jagdrufe. Wehe dem nächtlichen Wanderer, er ist unrettbar verloren, wirft er sich nicht sogleich mit dem Gesicht auf die Erde und lässt den Geisterzug vorbeirasen." 


Die heutige Durchführung der wilden Jagd:

Die Mitglieder des Vereins "Jung Alpenland" versammeln sich in einem entlegenen Gehöft nahe des Durchführungsortes in ihren wild aussehenden Masken. Der Transport der benötigten Masken und Kostüme ist durch Fahrzeuge eine Erleichterung der Gegenwart. Es gibt zwölf Figuren in der Wilden Jagd vom Untersberg, man braucht jedoch dreizehn Personen, da die Habergoaß aus zwei Personen besteht. Schwegler, Kraxenträger und Fackelträgerinnen begleiten diese zwölf Figuren. 

Die Figuren der Wilden Jagd vom Untersberg sind nicht zufällig zwölf Personen: Die zwölf Nächte zwischen dem Thomastag am 21. Dezember und dem Fest der Heiligen Drei Könige am 6. Jänner spielten eine große Rolle im Volksglauben. Diese zwölf Nächte werden Raunächte genannt. Diese Zeit galt früher als die finsterste Zeit des Jahres, die voller Geheimnisse, Zaubereien und Weissagungen war. 

Die zwölf Gestalten bilden zusammen ein sehr mystisches Bild, das im flackernden Schein der Fackeln ziemlich unheimlich wirkt. Dumpfe Trommelschläge und der schrille Klang von Flöten oder Klarinetten verstärken diesen gespenstischen Eindruck. 

Die Schar zieht nun lärmend und polternd in die dunkle Nacht hinein, erhellt von Fackeln, die meistens von Mädchen getragen werden. Ähnlich wie beim Kramperltreiben werden die Neugierigen, die vom Lärm angelockt werden, oft "verklopft" (vertrieben) und erschreckt. 

Der Zug eilt auf den Wegen und Strassen dahin, zieht aber auch über die freien Felder. Vor einzelnen Bauernhäusern hält der Zug an und der Vorpercht, eine Figur der Wilden Jagd, ruft den Spruch ins Haus: "Glück hinein, Unglück hinaus, es zieht das Wilde Gjoad ums Haus!" Dann folgt ein Rundtanz der Figuren, begleitet von Trommelschlägen und Klarinettenklang. Zum Schluss dann liegt das Wilde Gjoad zur Reverenz flach auf dem Boden. 

Nach uraltem Glauben sollen mit diesem Lauf Fruchtbarkeit, Glück und Segen im Haus einziehen. Es ist ein so genannter "Rüge-Brauch", bei dem nicht verurteilt, sondern nur Nachschau gehalten wird. 


Vom Verein "Jung Alpenland" werden bei der Gestaltung des Laufes fixe Regeln, die nicht geändert werden dürfen, eingehalten, um das "Wilde Gjoad" als Brauch erscheinen zu lassen: 


*Durchführung des Laufes am zweiten Donnerstag im Advent und Geheimhaltung des Ortes 

*Festlegung und Beibehaltung der "Heiligen Zwölf"-Zahl bei den Maskenträgern 

*Geregelter Ablauf mit symbolhaften Handlungselementen 

*Verzicht auf Spendenbettlerei  

Figuren: Vorpercht: Der Vorpercht mit dem Vorgeherstock ist der Voranschreiter des Zuges und sagt auch den Spruch auf. Er ist dem Salzburger Perchtenkult entnommen. Tod: Der Tod ist zur Hauptfigur der Wilden Jagd vom Untersberg geworden und der eigentliche Anführer des Geisterzuges. Mit seinen Trommelschlägen hat er das Geschehen im Griff. Der Tod spielt auch in den Untersberg-Sagen eine wichtige Rolle. Rabe: Der Rabe vom Untersberg ist eine sehr mysteriöse Gestalt in der Untersberg-Sage. In dieser ist es seine Aufgabe, den im Untersberg schlafenden Kaiser Karl am Tag des Weltunterganges zu wecken. (Vermutlich ist mit diesem Kaiser Karl der Kaiser Karl der Grosse gemeint. Es kommen aber auch noch die Kaiser Friedrich Barbarossa und Kaiser Karl V. in Frage.) Moosweiberl: Das Moosweiberl ist eine typische Gestalt aus der Untersberg-Sage. Es zählt mit dem Baumpercht zu den Waldgeistern. Diese beiden Gestalten bilden den Übergang zu den Zwergen, die im Untersberg hausen, während Moos- und Holzleute in den dem Untersberg vorgelagerten Wäldern und Mooren wohnen. Baumpercht: Der Baumpercht oder Baumwercher zählt mit dem Moosweiberl zu den Waldgeistern. Diese beiden Gestalten bilden den Übergang zu den Zwergen, die im Untersberg hausen, während Moos- und Holzleute in den dem Untersberg vorgelagerten Wäldern und Mooren wohnen. Hahnengickerl: Der Hahn gilt in der Volksmeinung als Symbol der Wachsamkeit und Fruchtbarkeit. Sein Schrei soll angeblich den Teufel und alles andere Böse verscheuchen und verkündet das Nahen der Sonne, das Ende der Finsternis, das Morgengrauen und hiermit den Anbruch eines neuen Tages. Das Hahnengickerl wird zu den allgemeinen Sagengestalten des Flachgaues gezählt. In der Untersberg-Sage hatte es den Anfang und Schluss jedes Zaubers anzukündigen. Riese Abfalter: Der Riese Abfalter, der in einem Graben am Untersberg haust, zählt zu den typischen lokalen Sagengestalten. Er gilt als gutmütig und menschenfreundlich und sprach als Vertreter seiner Schar friedlich mit den Bewohnern des Dorfes Grödig und ermahnte sie, ein frommes und ehrbares Leben zu führen. Bär: Der Bär steht für die Kraft und Tapferkeit. Auch wird die Kraft des Bären als Frühlingskraft gedeutet, die den Winter besiegt. Der Bär gilt aber auch als Symbol der Güte gegenüber dem Schwachen. Der Bär wird in der Wilden Jagd vom Bärentreiber geführt und ist dem Salzburger Perchtenkult entnommen. Bärentreiber: Der Bärentreiber, der dem Salzburger Perchtenkult entnommen wurde, führt in der Wilden Jagd den Bären. Der Bär und Bärentreiber sind vom ausgehenden Mittelalter an auch die typischen Akteure auf Jahrmärkten und im Faschingstreiben. Hexe: Die Untersberger Hexe wird als Nachfahrin der Untersberger Wildfrauen bezeichnet. Die Untersberger Hexe der Wilden Jagd ist sehr hässlich. Der Unterschied zu den Wildfrauen vom Untersberg ist jedoch der, dass die Wildfrauen immer nur als lieblich, holdselig und überirdisch schön bezeichnet wurden. Habergeiß: Die "Habergoaß" wird als allgemeine Sagengestalt des Flachgaues beschrieben. Sie ist eine Spukgestalt und wird oft mit einem Ziegenkopf und einem dreibeinigen Vogelkörper dargestellt. Beim von der Brauchtumsgruppe "Jung Alpenland" dargestellten Zug der Wilden Jagd bilden zwei Personen die Habergoaß. Der zweite Mann muss sich auf den anderen komplett verlassen, da er nichts sieht und hinter diesem unter der Rückendecke herschreitet. Saurüssel: Der Saurüssel, eine Gestalt mit Schweinskopf, kommt aus den allgemeinen Sagengestalten des Flachgaues. Er steht für das Symbol des "heiligen Ebers der Raunachtszeit".
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