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Die Wildfrauen

1799 wurde nach Franz Michael Vierthaler von alten Leuten von den Wildfrauen erzählt, ein anderer Bericht stammt von etwa 1875 aus dem Gebiet der Schweigmühlalm.

Quelle: Das Salzburger Sagenbuch - Josef Brettenthaler, Matthias Laireiter - Verlag der Salzburger Druckerei, 1976, S. 84

Sagen der Wildfrauen vom Untersberg:

1
Einmal geschah in der Nähe des Wunderberges, dass ein kleiner Bub auf einem Pferd saß, das sein Vater zum Umackern eingespannt hatte. Da kamen auch die wilden Frauen aus dem Berge hervor und wollten den Buben mitnehmen. Der Vater aber nahm ihnen den Sohn ab und sagte: "Was erlaubt ihr euch, so oft herauszugehen und mir jetzt sogar meinen Buben wegzunehmen? Was wollt ihr mit ihm machen?"   Die wilden Frauen antworteten ihm: "Er wird bei uns bessere Pflege haben und ihm wird es bei uns besser gehen als bei dir zu Haus; hier wird ihm kein Leid widerfahren."   Doch der Vater ließ seinen Buben nicht aus den Händen, und die wilden Frauen gingen bitterlich weinend von dannen.  
2
Abermals kamen die wilden Frauen aus diesem Wunderberg nächst der Kugelmühle, oder Kugelstatt genannt, so bey diesem Berg schon auf der Anhöhe liegt, heraus und nahmen einen Knaben mit ihnen fort, der das Weidvieh hütete.  Diesen Jedermann wohlbekannten Knaben sahen die Holzknecht erst über ein Jahr in einem grünen Kleid auf einem Stock dieses Berges sitzen.  Den folgenden Tag nahmen die Holzknechte seine Eltern mit ihnen, willens den Knaben auf dem heiligen Berg aufzusuchen.  Allein sie giengen alle umsonst: der Knab kam nicht mehr zum Vorschein.  
Quelle: Sagen der Vorzeit, oder ausführliche Beschreibung von dem berühmten salzburgischen Untersberg oder Wunderberg, 1782, H. Aeußer

Wildfrauen decodiert

 

Attribute der Wildfrauen vom Untersberg in den Sagen:

  • “(...)eine schöne Jungfrau stand vor ihm, die war zur Hälfte weiß und zur Hälfte schwarz.”

  • “Sie waren den Menschen freundlich gesinnt.“

  • “(...) und dankte gar oft im stillen der gütigen Wildfrau vom Untersberg.”

  • “(...)drei Frauen, die in die Zukunft sehen konnten.”

  • (...)dann sangen sie so lustig und froh in die Welt hinein,  dass man über ihrem Singen alle Sorgen des Alltags vergaß.”

  • “Die Bauersleute, denen sie oftmals beim Flachsausziehen halfen (...)”

  • “Sie gaben den Bauern auch allerhand gute Ratschläge für das Sammeln von Heilkräutern, Gewürzwurzeln und für gute Feldbestellungszeiten und die Viehhaltung (...)”

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Von ihnen wird erzählt, dass sie lauter Heiden waren, und wer sie hätte bekehren wollen, dem wäre es übel ergangen. Vom Christentum wollen sie nämlich nichts wissen. Wenn einzelne Sagen sie trotzdem in einem frommen Licht erscheinen lassen, dann entweder, um sie und ihre VerehrenInnen zu schützen oder zu vereinnahmen. Die Mehrheit der Sagen lässt sie ziemlich unverblümt in der Tradition der Göttin auftreten. Damit erweisen sich die Erzählungen als zur ältesten, noch kaum zensierten bzw. christianisierten Sagenschicht gehörig. Sie vermitteln uns (...) ein Bild vom Wesen, von der Wirksamkeit und den Zuständigksbereichen der dreigestaltigen Göttin und ihrem Kult. Wenn die Götin aus dem menschlichen Bewutßsein verdrängt, nicht mehr für existent gehalten und deshalb auch nicht mehr geehrt wird, bleiben ihr überall nur noch die Randbereiche und Grenzzonen des Lebens und der Welt. 

Quelle: Erni Kutter, Der Kult der Drei Jungfrauen, S. 203 ff.